Neben dem Beruf studieren:
Wie ich als Familienvater mit 2 Kindern neben meinem Hauptjob als Handwerker noch studiert habe.
von Piedro I 11.April.2023

Die Ausgangssituation
Ich war 32 Jahre alt, verheiratet, 2 Kinder, 9 und 3 Jahre alt. Ich hatte eine Festanstellung bei einem Elektrounternehmen mit Verantwortlicher Position aber trotz das ich gut verdient habe, kam ich als vorerst Alleinverdiener mit der Kohle vorne und hinten nicht klar.
Ich hatte schon davor zwei mal ein Studium als Techniker an einer Abendschule angefangen, aber als Handwerker kommst du fast nie pünktlich nach Hause. Dann noch der Weg dahin und immer so spät. Ich hatte gar nichts mehr vom Familienleben und der Stress Zuhause war vorprogrammiert. Also habe ich das Studium abgebrochen, zwei mal. Ein zwei Jahre später hatte ich die Idee, ein Fernstudium. Flexible Lernstunden, man bekommt Bafög, ca. 150€ Monatlich haut jetzt auch nicht so krass ins Budget rein, Infos holen, anmelden.
Der Start
Also angemeldet hatte ich mich jetzt, wir hatten September 2018 also würde es ein Wintersemester Start werden. Bafög hatte ich dann auch beantragt, was aber wenn ich mich recht erinnere, erst ca. 2-3 Monate nach dem Studienanfang Monatlich gezahlt wurde. Anfang Oktober bekam ich dann meine ersten Unterlagen, Login Daten u.s.w.. Mein Studienkurs war so ausgelegt das ich zumindest Samstags immer Unterricht von 7 Uhr bis ca. 13 Uhr hatte. Die Leute die kein Bafög beantragt hatten stand es frei zu kommen. Die Leute die Bafög bekamen mussten mindestens 70 % des gesamten Studienganges anwesend gewesen sein, sonst würden die die Förderung einstellen oder sogar zurüch verlangen. Also Druck war da, check. Ich bin ein Mensch der Druck braucht. Bei der Abendschule wo alles kostenfrei war, ist es egal gewesen wenn du nicht hingegangen bist. So wusste man zumindest für was man es macht und das ich hier Geld bezahle. Also die Motivation war ganz anders diesmal. Ich konnte meinem Chef auch viel leichter mal ein Nein rein drücken als er mich fraget ob ich Überstunden oder Samstags mal arbeiten kommen könnte. Alles wurde für mich plötzlich einfacher. Ich hatte das meinem Chef anfangs auch noch nicht gesagt, weil er nämlich als ich ihm das sagte mir weiß machen wollte für was ich das denn brauchen würde und warum machst du nicht den Meister u.s.w.. Also Unterstützung von meinem Chef in Form von Geld oder weniger anspruchsvolleren arbeiten
Die Strategie
Das erste Jahr war hart. Das wichtigste was meine Frau zu mir sagte war: “ …wenn du ein Studium machst, dann sieh zu das du unseren Familien Alltag nicht störst !!! „. Also wie bekam ich jetzt Familie, Job und Studium unter einem Hut?
Ein Zeit Management musste her: Ich überlegte wie viel schlaf benötigst du? Welche Hobbys sind ein muss? Wieviel Zeit möchte ich mit meinen Kindern verbringen? Und so weiter.
Mein Plan sah so aus für die Wochentage:
- 1 Std Aufstehphase : Kaffee, Frühstück, 20min Training, duschen/waschen, anziehen
- 2,5 Std lernen fürs Studium
- 0,5 Std Hinfahrt zur Arbeit
- 8 Std Arbeiten
- 1 Std Rückfahrt ( da meistens von Baustellen )
- 1 Std Ankommen von der Arbeit ( Essen, duschen, Toilette )
Zwischensumme: 14 Std schon weg
Also wenn man es durchrechnet blieben mir am Tag noch 4 Stunden für Haushalt, Einkaufen, mit den Kindern raus, Abendessen, Kinder ins Bett bringen.
Zwischensumme: 18-19 Std weg
Also ergaben sich zwei Strategien:
Ich lerne Morgens: Heißt ich müsste Abends um 22 Uhr ins Bett, damit ich morgens schon früh genug aufstehen kann.
Ich lerne Abends: Dann müsste ich aber einen Powerschlaf von 20min machen und müsste ab 20 Uhr lernen.
Ich habe mich für die erste Strategie entscheiden. Morgens ist der Kopf noch frisch hab ich mir gedacht.
Also ich kam in Spitzenzeiten mit 4,5 Stunden schlaf aus. Das muss aber jeder für sich selber herausfinden.
Meine Tipps zum richtigen lernen
Als erstes musste ich herausfinden was ich für ein Lerntyp bin. Lerne ich am besten Visuell, oder Akustisch, oder lerne ich durch lesen und so weiter. Ich brauchte lange um zu verstehen das ich durch das Visuelle, sprich Videos am besten lernen kann. Im Zeitalter von You Tube erstellte ich mir zu jedem Fach Playlisten und zu jedem Thema legte ich ein Notizbuch an.
Da ich sehr Technik affin bin dachte ich mir, hol dir doch ein Tablet mit Stift. Dann legst Du dir zu jedem Fach Noitzbücher an. Also kaufte ich mir das Samsung Tablet S6 lite, da war der Stift schon mit dabei und ich konnte mir mit Microsoft One Note super Notizbücher anlegen.
Am meisten was gebracht hatte es, wenn ich direkt nur für die Leistungstests gelernt habe. So musste ich mich mit jedem Stoff auseinandersetzten und lernte spielerisch. Leider habe ich es aus Zeitgründen nie geschafft alle Aufgaben in den Arbeitsheften durchzuarbeiten. Aber wie Pareto schon sagte: 20 % deiner Arbeit machen 80 % deiner Ergebnisse aus. Also dachte ich wenn ich immer 100 % auf die Leistungstest hinarbeite dann wird das schon klappen.
Was ich leider erst zu spät gecheckt habe war mit einem Lernpartner zu lernen. In einer Lerngruppe macht das lernen viel mehr sinn. Klar, manschen Stoff kann man nur alleine durchpauken, aber eine Lerngruppe ist Gold wert. Heutzutage kann man alles Online machen. mit One Note kann man gemeinsam an seinen Notizbüchern arbeiten und Live lernen. Von wo auch immer. Ein Kumpel von uns war jede Woche woanders unterwegs und heute war er in Östereich nächste Woche in Dubai, dann wieder Italien. Ja er konnte das ja machen so ohne Kinder aber lustig war es schon.
Was aber am besten geholfen hat, war das erstellen einer Lern Kalenders. Ich habe alle Prüfungen geplant. Das heißt ich wusste genau wann welche Prüfung ansteht und konnte so gezielt auf die Prüfungen hinarbeiten. So habe ich mir für jeden Tag eingetragen was ich lernen will, welches Thema wichtig ist und so weiter. So hatte ich immer meinen Weg vor Augen. Klar hin und wieder habe ich was geändert aber da gehört dazu. Man muss flexibel bleiben. Nur so kann man es schaffen.
Nochmal kurz allgemein zu dem Studium. Viele haben immer angst ob der Stoff nicht zu krass ist, ich hatte beim überfliegen der Skripte auch oft das Gefühl, oh man das muss alles in meinen Kopf. Ha ha der Trick war ganz Easy. Im Grunde genommen ist jede Prüfung in den Fachbereichen gleich. Das heißt der Aufbau wird ein bisschen geändert , hier und da andere Sachverhalte angepasst und fertig. Nichts wildes. In unserem Studium gab es ein Studenten Forum. Hier konnte sich jeder Student anmelden und seine aus dem Kopf rekonstruierten Prüfungen zu jedem Fach hochladen. Das haben sehr viele gemacht und so konnte man bestimmte Muster der Prüfungen feststellen und gezielt, mit meiner Lerngruppe auf die Prüfungen hinarbeiten. Doch das aller Beste war das du fast zu jedem Fach dein Formelheft mit in die Prüfung nehmen darfst. Wir haben uns alles ins Formelheft geschrieben, manchmal ganze Aufgaben und das Beste war das das alles erlaubt ist. Du darfst dir alles in die Formelhefte oder in den Duden reinschreiben was Du willst. Was nicht erlaubt ist sind zusätzliche Seiten oder Sachen einkleben!!! Ich habe mir so exzellente Formelhefte aufgebaut und das war genial und hat das lernen so viel attraktiver gemacht. Einfach nur genial.
Motivation und Mindset
Viele reden immer von Motivation und Mindset und ja ich muss sagen, ohne diese ganzen You Tube Motivationsvideos hätte ich das wahrscheinlich nicht geschafft. Diese Videos geben dir oft nur einen kurzen Dopamin Kick der aber ausreicht um dich zu pushen und dich glauben lassen du könntest alles schaffen. Das richtige Mindset ist der Killer. Wenn du einmal im Focus bist hält dich nichts mehr auf. Ich habe das natürlich alles auch mal ausprobiert. Das Buch DRANBLEIBEN von “ Keine Ahnung “ hatte echt alles verändert. Du schreibst dir hier deine Ziele, deine Wünsche und deine Strategien auf um da hin zu kommen wo Du immer schon sein wolltest. Das Studium im ganzen hat mich verändert, Mich reifer gemacht und Selbstbewusster. Ich verlinke euch die Tage mal meine Playlist auf You Tube die ist Gold wert.
Ich hatte auch eine Zeit da habe ich gar nichts gemacht, ich war voll raus. Nicht gelernt, persönlich in meinem näheren Umfeld ging es drunter und drüber. Corona war dann auch so ein Thema. Scheiße das hat alles reingehauen, aber irgendwie habe ich mich da wieder reingefuchst. Ich glaube bei mir fing das dann wider an als
Die Gadgets
- Also must have ist auf jeden Fall ein Lap Top. Der muss nicht der beste sein. für mein Studium habe ich mir einen Teclast geholt mit 1 GHz Geschwindigkeit und 8 GB RAM. Hat ausgereicht, 250,- € kann man eh alles von der Steuer absetzen.
- Tablet: Wie schon gesagt das Samsung Tab S6 Lite hat mir echt schon das leben erleichtert. Der Stift ist cool, man kann auch seine Hand auf das Display draufsetzen und der Stift reagiert immer noch gut.
- Bluetooth Kopfhörer: Diese Dinger haben mir das Leben erleichtert. Ob bei der Arbeit, wo ich dann ein Hörbuch hören konnte oder beim lernen mir Studimusik von Spotify.
- You Tube Studenten Abo: Ich kann euch das nur empfehlen. Ich hatte es glaube ich für 6,99 €. Dafür hatte ich aber diese scheiß Werbung nicht mehr und ich konnte Videos als Podcast hören. Also das Display aus machen und so nur das Audio war nehmen. Ich nutze es immer noch…aber keinem sagen!!! 😉
- Audible: Mit Audible habe ich mir echt viele Motivationsbücher angehört. Wie geil war das denn Ich konnte Kabelziehen oder Messprotokolle fertig machen und neben bei 500 Seiten Bücher hören. Wie hätte ich sonst so viel lesen können mit so wenig Zeit.
- Microsoft 365: Ich kann das echt empfehlen. Zumindest für die Studienzeit. Wir haben das gemeinsam als Lerngruppe genutzt und haben da echt alles auf der Claud gehabt. In den Projektwochen haben wir alle zusammen an den Projekten gleichzeitig arbeiten können. Einfach nur genial.
- Schreibmaterial: Ich habe es geliebt. Ab zu meinem Schreibwarenhändler und shoppen. Der richtige Taschenrechner z.B von Casio. Ihr müsst aber gucken welcher bei den Prüfungen zugelassen ist. Ein kleines Mäppchen wo alles drin ist. Ich habe es geliebt damit zu arbeiten.
- Kaugummis: Nicht zu unterschätzen. Das kauen hat Mir auf jeden Fall mega bei den Prüfungen geholfen. Irgendwie war ich konzentrierter und fokussierter.
Der Ablauf

Untertitel
Ich bin Piedro, 37 Jahre alt und bin jetzt Staatlich geprüfter Elektrotechniker
Ich habe das Handwerk des Elektrikers gelernt, was mir auch immer spaß gemacht hat. Aber ich wusste in mir ist noch Potenzial nach oben. Zweimal habe ich das Studium abgerochen doch beim drittenmal habe ich mich für ein Fernstudium entschieden. 3,5 Jahre sind vergangen wie im Flug und 2022 hatte ich meinen Abschluss in der Tasche. Und das alles neben meinem Hauptjob und mit zwei Kindern.